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topicnews · September 15, 2024

The industry needs an alternative to China

The industry needs an alternative to China

Manager, Investoren und Analysten mussten in den vergangenen Jahren einige neue Wörter lernen: Deglobalisierung, Friendshoring, Decoupling oder Derisking hätten bis vor Kurzem noch niemandem etwas gesagt. Sie zeigen aber, dass die geopolitischen Spannungen unmittelbar auf die Wirtschaft ausstrahlen und die Globalisierung unter Druck setzen. Trotzdem ist der Abgesang auf die Globalisierung deutlich verfrüht, die Diversifizierung von Lieferketten und Standorten hat überraschende Folgen. Sie kann eine neue und umfassendere Phase der Globalisierung einläuten, die neue Märkte und Länder integriert.

Allgemein wurde die Globalisierung in den vergangenen Jahrzehnten vor allem von drei Faktoren getrieben: erstens dem Aufbau globaler Lieferketten, die grenzüberschreitende Produktionsprozesse ermöglichten. Zweitens dem Aufstieg Chinas, das einen riesigen neuen Absatzmarkt bot und ein attraktiver Produktionsstandort wurde. Drittens dem Siegeszug digitaler Technologien, die global integrierte Produktionsprozesse enorm beschleunigten, aber auch selbst in der Form digitaler Dienstleistungen zum wichtigsten Treiber des Welthandels in den vergangenen Jahren wurden.

Pfeiler der Globalisierung wackeln

Immerhin ein Pfeiler der Globalisierung, der digitale Handel, ist nach wie vor intakt. Er wächst unverdrossen und recht unbeeindruckt von geopolitischen Spannungen, seit Mitte der 2010er-Jahre sehr viel schneller als der Güterhandel. Obwohl wir alle jeden Tag jede Menge importierte digitale Dienstleistungen konsumieren – sei es über soziale Medien, durch Onlineshopping oder Suchanfragen –, bleibt dieser Teil der Globalisierung oft unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.

Weitere Pfeiler der Globalisierung sind allerdings durch das neue geopolitische Umfeld und die zunehmende Blockbildung unter starkem Druck. Unternehmen hinterfragen ihre globalen Lieferketten und Standorte im Hinblick auf Resilienz, Politiker hinterfragen die Lieferketten der Unternehmen mit Blick auf wirtschaftliche Sicherheit und mögliche Importabhängigkeiten. Wichtigster Auslöser dieses Wandels für westliche Firmen und Politiker sind unzweifelhaft die geopolitischen Spannungen Chinas mit den USA, dem zweiten großen Exportmarkt für deutsche Firmen.

Ein Ergebnis dieser geopolitischen Entwicklung ist, dass die China-zentrierte Phase der Globalisierung, die immerhin fast drei Jahrzehnte dauerte, ihrem Ende entgegengeht. Beispielsweise zeigen Daten der UN-Handels- und Entwicklungsorganisation (UNCTAD), dass der Anteil Chinas an den globalen Greenfield-Investitionsprojekten von 15 Prozent in den 2000er-Jahren auf aktuell 3 Prozent gefallen ist.

Diversifizierung statt Rückzug

Die Antwort der Unternehmen auf den Druck durch die neuen geopolitischen Konstellationen ist allerdings kein Rückzug an den Heimatstandort, wie unter dem Banner der Deglobalisierung oft behauptet wird. Das wäre für eine stark exportorientierte Wirtschaft wie die deutsche auch wenig erfolgversprechend. Die deutschen Unternehmen machen sich eher auf den Weg in Richtung Diversifizierung und ebnen damit einer neuen Globalisierungswelle den Weg, die den Fokus auf neue Länder und Regionen richtet.

Diese Umorientierung zeigt sich in den Investitionsprioritäten der Unternehmen. Die wichtigsten mittelfristigen Investitionsziele der deutschen Finanzvorstände sind gleichermaßen Deutschland und Nordamerika, sehr dicht gefolgt von Indien. Dies gaben 199 Finanzvorstände deutscher Unternehmen an, die für die Deloitte CFO Survey 2024 befragt wurden. Der Fokus auf Indien wird sicherlich dadurch befördert, dass Indien die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft unter den G20 ist und aufgrund von demographischem Rückenwind weiterhin ein sehr wichtiger Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft bleiben wird.


Alexander Börsch

Alexander Börsch ist Chefvolkswirt und Leiter Research bei dem Beratungs- und Prüfungsunternehmen Deloitte.

Bild: Deloitte

But India also has the status of being an alternative to China as a manufacturing location. China itself is only a high-priority target in the medium term for a quarter of CFOs.

Southeast Asia and Central and South America are not far behind. The latter region in particular plays a major role in companies’ derisking strategies, which are likely to become even larger in the future. After all, some of the German economy’s greatest dependence on China is in the raw materials sector. Rare earths and lithium are examples of this.

South America can become an important alternative here. A successful conclusion of the recently failed or shelved Mercosur trade agreement could have reinforced this trend and would have been an important step towards diversification.

Africa is another alternative supplier of raw materials. However, political instability and the Chinese-dominated infrastructure created by the Chinese Belt and Road Initiative are hampering this and are not conducive to risk-reducing Western companies.

“Great Reallocation” of supply chains

This reorientation of supply chains towards new locations and sources of supply has been given the title “Great reallocation” by academics. This is hardly an exaggeration, after all, restructuring supply chains and suppliers involves enormous investments, the development of new ecosystems and new competitive conditions.

The fact that this process is underway and is reflected in investment planning shows that companies are aware of the new geopolitical environment and are increasingly anchoring resilience in their corporate strategies. This trend presents an interesting paradox for globalization. The geopolitical pressure on globalization is setting in motion a process that could result in re- rather than de-globalization, because previously overlooked locations and markets are becoming the focus of companies and politicians.

Alexander Börsch is the chief economist at Deloitte.